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Hilfe für Beirut

Als Patrik Steiner am 04. August 2020 den Newsticker über die gewaltige Explosion im Hafen von Beirut auf seinem Handy sieht, macht er sich automatisch Gedanken über einen möglichen Einsatz.

Einige Tage später hört er am Flugfunk: "Swiss Air Force 785, Wind 050 degrees, 5 knots, cleard to land Runway 03, Welcome to Beirut."

Die Karriere von Patrik begann wie bei jedem Piloten des Lufttransportdiensts des Bundes (LTDB) zuerst als Militärpilot auf Heli (oder Jet). Als Pilot im LTDB, fliegt man die verschiedensten Einsätze mit Personen und Material im In- und Ausland, bei Bedarf rund um die Uhr, das ganze Jahr.

Und so dauerte es nicht lange, bis ein erstes Rekognoszierungsteam nach Beirut flog um zu entscheiden, wie die Schweiz durch Spezialisten und Material den Menschen vor Ort helfen kann. Einige Tage später wird Patrik informiert, dass ein möglicher Einsatz zu Gunsten des DEZA / EDA geplant ist. Patrik erklärt dazu: "Durch die schlanke Organisation und einem Pikettdienst rund um die Uhr, benötigt es in der Regel eine relativ kurze Vorlaufzeit, bevor ein Flug durchgeführt werden kann." Am 14. August um 08:00 morgens, war es dann soweit. 1.5 Tonnen Material warteten auf der Bundesbasis in Bern um verladen zu werden, per Hand versteht sich. Hier packt auch Patrik als Captain des heutigen Fluges mit an. Er bestimmt wo welches Material verstaut wird, denn das Gewicht des Flugzeugs muss genau austariert sein. Zudem darf sich während des Fluges bei Turbulenzen nichts lösen und in der Kabine herumfliegen. Patrik und sein Copilot sind ein eingespieltes Team. Während der Copilot die letzten Flugvorbereitungen trifft, ist Patrik mit dem Verladen beschäftigt. Patrik erzählt: "Oft stehen wir vor der Situation, dass wir zu viel Gepäck und Material haben. Da braucht es Fingerspitzengefühl und Verhandlungsgeschick um mit den Kunden zusammen zu priorisieren, was mitkommt und was beim nächsten Flug mitgenommen wird."

Der Flug nach Beirut dauert knapp vier Stunden. Den Piloten wird beim Einflug in den libanesischen Luftraum schnell klar, dass in Beirut viel los ist. Hilfsgüter aus aller Welt werden eingeflogen, meist mit riesigen Cargo-Flugzeugen. Als Pilot bei solchen Ereignissen Menschen in Not zu helfen, das motiviert Patrik auch nach über zwanzig Jahren Fliegen immer noch sehr. So erzählt er zufrieden, dass medizinisches Equipment für das Mother and Child Programm im ersten Material-Flug geliefert wurde. So konnten am darauffolgenden Tag die Ärzte die Arbeit bereits wiederaufnehmen. Ohne dieses Modul wäre dies erst nach mehreren Wochen der Fall gewesen, wahrscheinlich mit menschlichen Verlusten.

Foto: EDA
Foto: VBS
Foto: EDA
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Der Turn-Around, also die Bodenzeit, in Beirut gestaltet sich erwartungsgemäss langwierig. Alles muss von Hand ausgeladen werden. Patrik erklärt: "Da wir nicht genau wussten wie lange wir auf den Treibstoff in Beirut warten müssen, haben wir vorsichtshalber genug getankt. So hätten wir mit einem Tankstopp auf Zypern zurückfliegen können. Der Treibstoff war dann doch in Beirut verfügbar, aber es gilt immer auf diverse Szenarien vorbereitet zu sein und eine Eventualplanung bereit zu haben."

Doch auch bei einer soliden Planung muss Patrik stets flexibel sein. "Es gibt immer wieder äusserliche Faktoren, welche unerwartet auftreten können. Mal funktioniert das GPS über dem Libanon nicht, dann gibt es längere Holdings in der Luft oder eben lange Wartezeiten auf das Kerosin" erzählt er. Die intensive Ausbildung auf den verschiedensten Flugzeugen und Helikoptern sowie die grosse Flugerfahrung welche Patrik in der Schweizer Luftwaffe sammeln konnte, gibt ihm bis heute die nötige Sicherheit in jeder Situation den nächsten Schritt zu tun. "Wir lernen stets Neues dazu und das ist etwas sehr Spannendes an meinem Beruf."

Für Patrik ist die Abwechslung und die Sinnhaftigkeit der geflogenen Einsätze eine grosse Genugtuung: "Mit unseren Flügen unterstützen wir Menschen und Missionen. Zum Beispiel als KFOR Verbindung in den Kosovo, als humanitäre Hilfe für den Libanon oder als Transport von wichtigen Flugzeugteilen für die Mechaniker einer Trainings-Module im Ausland."

Mit dem Lufttransportdienst des Bundes (LTDB) führt die Luftwaffe zudem Flüge für die Landesregierung und weitere berechtigte Personen aus der Bundesverwaltung durch.

Bombardier Challenger CL-604 Photos: © VBS Photos: © EDA

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